Archiv für Dezember 2018

Die andere „Weihnachtsgeschichte“:

Montag, 3. Dezember 2018

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Und in ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.“

So heißt es im Johannes-Evangelium in Kapitel 1, Vers 1.4 + 14a und so beginnt Johannes sein Evangelium. Es ist seine Art und Weise, das Ereignis der Weihnacht zu beschreiben. Keine Krippe, keine Engel, keine Hirten, kein Josef und Maria, auch kein Herodes, keine Weisen, keine Flucht. Kein großes Weihnachtsgemälde wie bei Lukas, keine dramatische Geschichte wie bei Matthäus. Johannes sagt in fast dürren Worten, dass Gott in Jesus Mensch geworden ist. Aber in eben diesen dürren Worten hält er das Geheimnis dieses Vorgangs fest.

Was ist dieses Geheimnis? Das Kind Jesus trägt den Anfang des Lebens in sich, den Lebenskern, das lebensschaffende Wort Gottes. Im Griechischen steht der Begriff „Logos“ für „das Wort“. Dieser Logos ist das lebensspendende Wort, mit dem Gott die Welt erschaffen hat. Der Mensch Jesu trägt also Gott selbst auf wundersame Weise in sich. Es ist wie bei einem alten Baum, der immer noch in der untersten Gewölle seiner Wurzel den Setzling beherbergt und in sich trägt. Dieser Setzling kann immer wieder Leben hervorbringen.

Gott wird Mensch und kommt in diese Welt. Ein unvorstellbarer Vorgang! Heißt das doch: Gott löst all das Trennende zwischen sich und den Menschen auf. Gott, der Heilige, der Ewige, die Quelle des Lebens verbindet sich stattdessen unwiderruflich mit der menschlichen Existenz. In Jesus leuchtet Gott selbst auf.

Und so hat Jesus dann gelebt. Er überwindet das „die da“, „die anderen“, die Fremden, die Unreinen, die Aussätzigen, die, die nicht dazugehören sollen, weil sie stören, Angst machen oder schuldig geworden sind. Jesus hat keine Berührungsängste und sucht das Verbindende, nicht das Trennende. Er verbindet neu, was Gott und Menschen trennt. Er überwindet Gräben der Schuld, der Einsamkeit, der Abstammung und des Glaubens. So wird er zum Licht der Welt. Und er verbürgt mit seinem Leben und Sterben, dass die lebensschaffende Kraft bei uns bleibt. Das Licht bleibt in der Welt.

Wenn wir Weihnachten feiern, sollten wir uns bewusst machen, dass es dieser Jesus ist, der auch in uns geboren werden soll. So hat es Gott gedacht. Verbinden, nicht trennen. Versöhnen, nicht spalten. Lieben, nicht Hassen. Damit auch in uns der Frieden einzieht und die Güte einen Platz in dieser Welt bekommt. Damit uns ein Licht in der Dunkelheit aufgeht und Menschen zueinanderfinden. Damit wir erleuchtet werden und die Bestimmung unseres Menschseins finden.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest.

Ihr Jörg Beckers