Archiv für November 2019

Ich suche nicht, ich finde.

Donnerstag, 14. November 2019

Volker Hassenpflug als neuer Pfarrer eingeführt

Nach zweijähriger Vakanz der zweiten Pfarrstelle konnten wir am 08.09.2019 endlich die Einführung unseres neuen Pfarrers Volker Hassenpflug feiern.

einführung

Superintendent Weyer, Pfarrer Beckers und Presbyteriumsmitglieder mit Pfarrer Hassenpflug (ganz rechts) und seiner Frau, Pfarrerin Opiolla

Die Liturgie lag in Händen von Pfarrer Jörg Beckers, es folgte eine sehr persönliche Ansprache von Superintendent Weyer, der auch Pfarrer Hassenpflug in sein Amt einführte. Die Presbyterinnen und Presbyter hießen den neuen Pfarrer mit einem persönlichen Votum und Gruß willkommen, auch seine Frau, Pfarrerin Juliane Opiolla aus Bous, sprach ihm ihren Segen zu.

In der Predigt legte Volker Hassenpflug die Apostelgeschichte 3, 1-10 aus. Darin geht es um einen Gelähmten, der vor dem Tor des Tempels in Jerusalem um Almosen bettelt. Petrus und Johannes geben ihm jedoch nicht wie erwartet „Gold und Silber“, sondern heilen ihn im Namen Jesu Christi von seiner Krankheit. Er hat also etwas empfangen, was er nicht gesucht, aber doch gefunden hat – und das noch viel mehr wert ist als das Erwartete.

Vor diesem Hintergrund kam Pfarrer Hassenpflug auf einen Text von Pablo Picasso zu sprechen, der auch titelgebend für diesen Artikel ist: Es geht im Leben nicht um das Suchen des Altbekannten, sondern um das Finden von etwas Neuem. Und etwas Neues ist diese Pfarrstelle für ihn, war er doch zuvor 15 Jahre als Schulpfarrer am Berufsbildungszentrum Völklingen tätig. Deshalb hatte er sich eigentlich nicht auf die Suche nach einer neuen Stelle begeben, aber doch mit unserer Gemeinde einen neuen Schaffensort gefunden. Auch in unserer Gemeinde hätte wohl niemand gedacht, dass das Gute letztlich so nahe liegt. So haben wir nach erfolgloser Bewerbersuche auf den üblichen Wegen schließlich doch einen zweiten Pfarrer gefunden!

Dass ein solcher Schritt natürlich auch einen Abschied vom Altbekannten und sicher auch Liebgewonnenen bedeutet und eine Lücke hinterlässt, kam in den Dankesworten und Glückwünschen nach dem Gottesdienst zum Ausdruck.

Nach eher nachdenklichen Worten von Volker Hassenpflugs Vorgänger im Schuldienst sowie einer Vertreterin des Lehrerkollegiums hieß der Vorsitzende des Presbyteriums, Dr. Karl-Ernst Schmitt, den neuen Pfarrer recht herzlich in unserer Gemeinde willkommen. Im Namen unserer katholischen Geschwister wurde er von Pfarrer Gräff (Wallerfangen) und Pastor Müller (Saarlouis) begrüßt. Von katholischer Seite nahm u. a. auch Rolf Friedsam vom Dekanat Saarlouis am Gottesdienst teil. Pfarrerin Juliane Opiolla hieß ihren Mann noch einmal in der Region willkommen und begrüßte ihre zahlreich erschienenen Gemeindeglieder aus Bous und Schwalbach, Frau Demann und Frau Körber wünschten ihm im Namen des Miteinanders der Generationen (MdG) alles Gute. Auch unsere Mitarbeitenden freuten sich über ihren neuen Ansprechpartner und wünschten Gottes Segen für sein Wirken in der Gemeinde.

Bevor dieser besondere Gottesdienst mit einem Kirchenkaffee ausklang, bedankte sich Pfarrer Jörg Beckers noch einmal ausdrücklich bei allen, die ihn während der Vakanzzeit unterstützt haben, namentlich bei Dr. Karl-Ernst Schmitt und dem Presbyterium sowie bei den ebenfalls anwesenden Pfarrern Hartmut Richter und Hans-Jürgen Gärtner für die Gestaltung zahlreicher Gottesdienste.

Annika und Jürgen Herz

Liebe Gemeinde,

Mittwoch, 6. November 2019

wofür ist die Bibel noch gut? Was sollen all die Geschichten in der Bibel? Manchmal lohnt sich ein längerer Blick und man erkennt: sie erzählen von unserem Leben. Allerdings ist das so, als wenn man in einen Zerrspiegel blickt. Man braucht einen Moment, um sich zu erkennen. Das ist mir anhand einer Geschichte aus dem Alten Testament deutlich geworden. Alt meint eben nicht überholt. Im Gegenteil. Der Zerrspiegel unseres Handels steht im 2. Buch der Könige:

23 Und Elisa ging hinauf nach Bethel. Und als er den Weg hinaufging, kamen klei-ne Knaben zur Stadt heraus und verspotteten ihn und sprachen zu ihm: Glatzkopf, komm herauf! Glatzkopf, komm herauf! 24 Und Elisa wandte sich um, und als er sie sah, verfluchte er sie im Namen des Herrn. Da kamen zwei Bären aus dem Walde und zerrissen zweiundvierzig von den Kindern.

Ein immer noch aktuelles Spiel. Die Regeln sind einfach: Man sucht bei dem anderen einen Schwachpunkt, um sich selbst größer, wichtiger zu machen und besser zu fühlen. Indem die Knaben treffsicher den schwachen Punkt Elisas finden, sein kahles Haupt schaffen sie sich ein Gefühl der Stärke, ja Überlegenheit. Und natürlich ist Elisa nicht mehr so schnell, dass er ihnen folgen könnte. Im sicheren Gefühl ihrer Jugend verspotten sie ihn. Und weil er auf dieses Spiel eingeht und nicht gelassen darüber steht, macht es noch mehr Spaß.

Immer geht darum, dass ich mich mit anderen vergleiche und etwas finde worin ich besser bin oder besser dastehe. Dieses Spiel funktioniert mit dem Aussehen genauso wie mit der Leistungsfähigkeit, es funktioniert mit dem Erfolg wie mit dem Status oder den Ämtern, die ich innehabe, es funktioniert mit der Moral genauso wie mit dem Aussehen des Vorgartens. Hauptsache: Ich bin größer, schöner, besser, erfolgreicher, mutiger, intelligenter, beliebter als der andere.

Aber die Geschichte macht deutlich: Dieses Spiel produziert immer ein Opfer. Denn es gibt immer einen, der ist stärker als ich. In diesem Fall die Bären, die noch mehr Haare und mehr Muskeln haben als die Knaben. Ein tragisches Ende, das nicht nötig gewesen wäre – auch weil der Prophet völlig seine Souveränität verliert und maßlos reagiert. Er setzt die Religion als Waffe ein, um die Knaben zu strafen.

Wir kennen dieses Spiel auch heute nur zu gut. Es fängt im Kindergarten an und hört bei vielen Menschen nie auf. Die sozialen Medien haben diesem alten Spiel noch mal eine neue Qualität verliehen, weil eine ganz andere Öffentlichkeit geschaffen wird. Dieses Spiel wird im kleinen gespielt wie in der großen Politik. Von einzelnen und von ganzen Gruppen, ja manchmal ganzen Nationen. Im Moment erlebt man wieder, wie selbst mächtige Präsidenten sich nicht zu schade sind, dieses Spiel zu spielen.
Das macht deutlich, wie tief dieses Verhalten in uns verwurzelt ist. Wir werden es nur ändern, wenn wir das Übel beim bei ihrer Wurzel packen. Als Kinder lernen wir: Für meine Stärken werde ich belohnt, aber unter meinen Schwächen habe ich zu leiden. Wenn ich etwas falsch mache, werde ich bestraft, wenn ich zu langsam bin, werde ich angetrieben Wenn ich nicht so bin wie die anderen – klüger oder dümmer, dann werde ich dafür gehänselt und so fort. Das führt zu einem tief verwurzelten Gefühl der Unsicherheit. Wir lernen, dass wir uns der anderen nicht sicher sein können, sobald unsere Schwächen zutage treten. Und von da an ist es ein kleiner Schritt auf die Schwächen der anderen zu verweisen, damit meine Schwächen nicht auffallen. Es ist die tiefsitzende Angst vor Ablehnung, die uns dazu bringt, die anderen klein zu machen und bloßzustellen.

Jesus hat für sich diesen Kreislauf durchbrochen. Er hat dieses Spiel nicht mitgespielt. Bis ans Kreuz hat er sich diesem Spiel verweigert und deutlich gemacht: Ich mache mich nicht auf Kosten anderer groß. Er konnte das, weil er sich selbst in der Liebe Gottes geborgen wusste. Seine Wertschätzung und Wichtigkeit hing nicht an dem Urteil anderer Menschen. In der Taufe hat Gott ihm öffentlich erklärt: Du bist mein geliebtes Kind – bedingungslos. Jesus weiß sich geliebt. Das macht ihn stark. Und Geliebte können lieben. Liebe ist das einzige Heilmittel gegen diese Krankheit.

Versuchen wir das doch auch mal. Sehen wir die anderen mit den Augen Gottes – als seine geliebten Kinder. Vor allem: Sehen wir uns selbst als seine Kinder. Dann brauchen wir uns nicht immer mit den anderen zu vergleichen und können auch zu unseren Schwächen und Fehlern stehen.

Ihr Jörg Beckers